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Blattstecklinge – wie funktioniert „leaf propagation“?

Die allgemeine Definition von Blattsteckling und der konkreten Anwendung im Bereich Sukkulenten sind nicht ganz einheitlich. Je nach Art und Familie gibt es ganz verschiedene Herangehensweisen an das Thema.

Inhaltsverzeichnis

  1. Unterschiede bei Aloen und Echeverien
  2. Geeignete Arten für Blattstecklinge
  3. Auswahl der Blätter
  4. Ablageort für Blattstecklinge
  5. Wie viel Licht & Feuchtigkeit brauchen die Blattstecklinge?
  6. Selektion der Jungpflanzen
  7. Der große Augenblick – bereit für ihren eigenen Topf
  8. Beispiel: Echeveria-Blattsteckling

Unterschiede bei Aloen und Echeverien

Bei Aloen, Haworthien oder Zamiocultas wird die eigentliche Methode angewendet. Das heißt: Blatt schräg in Erde pflanzen und mit der Zeit bilden sich Wurzeln. Wenn man bei anderen Sukkulenten über Blattstecklinge spricht, im Englischen auch leaf propagation, so meint man eher die Art von Blattstecklingen im Falle von Echeverien. Der englische Begriff beschreibt es so gesehen genauer, die Vermehrung über Blätter; im Deutschen ist mir kein genauerer Begriff dafür bekannt.

Eine der Blattstecklings-Schalen

Bei Sukkulenten sind Blattstecklinge eine der beliebtesten Möglichkeiten zur vegetativen Vermehrung. Vom Prinzip her ist die Methode denkbar einfach: Blatt abreißen oder heruntergefallene Blätter aufsammeln, auf Erde legen und warten.

Tatsächlich gibt es natürlich einige Faktoren, die zum Erfolg verhelfen können. Es gibt viele Ansichten zu dem Thema und im Grunde wird euch vermutlich jeder etwas anderes empfehlen. Wie bei allen Themen gilt: Probieren geht über Studieren.

Geeignete Arten für Blattstecklinge

Generell eignen sich blattsukkulente Arten am besten; das heißt Arten, die Wasser in ihren Blättern speichern. Am beliebtesten sind Blattstecklinge bei der Gattung Echeveria, da diese mit am einfachsten zu vermehren sind und man wenig falsch machen kann. Artverwandte Pflanzen wie etwa Graptopetalum oder Sedum eignen sich ebenfalls.

Bei Crassula und Aloen würde man, wie oben bereits erwähnt, nicht von Blattstecklingen sprechen, sondern von gewöhnlichen Stecklingen. Zwar sind diese auch blattsukkulent, die Methodik und die Wachstumsgewohnheiten unterscheiden sich jedoch von denen der Echeverien und Co.

Bei diesen Arten würde man die Stecklinge wirklich in Substrat setzen oder versuchen sie in Wasser zu bewurzeln. Mehr dazu bald im Sukkulenten-ABC unter Stecklinge und water propagation.

Auswahl der Blätter

Gehen wir zunächst davon aus, dass ihr Blattstecklinge von Echeverien machen möchtet. Im ersten Schritt würdet ihr also ein Exemplar aussuchen, von dem ihr ein paar Blätter entbehren könnt. Achtet darauf, dass es vitale/ unbeschädigte Blätter sind, groß genug und nicht gerade frisch gewachsen. Je gesünder die Blätter, desto höher die Erfolgschancen.

Im nächsten Schritt versucht ihr die entsprechenden Blätter vorsichtig vom Stamm der Mutterpflanze abzudrehen. Fasst das Blatt möglichst nahe zum Stamm an, sonst besteht die Gefahr, dass der Blattstamm abknickt und der Steckling ist nutzlos.

Wenn ihr das Blatt vorsichtig dreht sollte es sich relativ leicht vom Stamm ablösen. Überprüft im Anschluss nochmal ob die Abrissstelle sauber und unversehrt ist.

Eine Schale mit Blattstecklingen von Echeverien, die auf Erde gebettet sind. Bei manchen Exemplaren sind bereits junge Pflanzen aus den Blättern getrieben.
Saubere Nahtstellen sind ganz wichtig

Ablageort für Blattstecklinge

Nun kommt ein Punkt wo sich die Geister unter Sukkulenten-Freunden scheiden. Ich erzähle zunächst meine Herangehensweise, erzähle dann aber auch noch welche Alternativen es gibt.

Nachdem ihr also eine kleine Sammlung von Blattstecklingen habt gilt es nun ein passendes „Bett“ zu gestaltet. Prinzipiell ist es recht einfach, sie sollten auf Erde liegen. Ich nehme meistens eine größere Anzuchtschale, fülle diese mit Erde und platziere die Blätter oben drauf. Fertig.

Alternativ kann man die Blattstecklinge aber auch, in der Theorie zumindest, in Wasser bewurzeln. Habe ich selbst noch nicht probiert, würde ich aber gerne mal tun. Auf Instagram sehe ich in letzter Zeit viele Leute, die dafür z.B. Reagenzgläser benutzen. Sieht dann natürlich auch ganz stylisch aus.

Wie viel Licht & Feuchtigkeit brauchen die Blattstecklinge?

Dieser Punkt ist etwas kniffliger zu beantworten. Ich hatte meine Schalen über Monate in einer ziemlich schattigen Ecke stehen und die Blattstecklinge sind trotzdem sehr gut gewachsen. In der Natur fallen auch gelegentlich Blätter der Sukkulenten ab und ich würde meinen, dass diese auch tendenziell an schattigen Standorten liegen.

Feuchtigkeit ist erst wichtig, sobald eure Blattstecklinge schon Wurzeln gebildet haben. Vorher benötigen die losen Blätter kein Wasser, da sich die neue wachsende Pflanze zunächst aus dem Wasservorrat des „Mutterblattes“ ernährt. Zum Bewässern der Blätter benutze ich gerne eine Sprühflasche und benetze den Behälter sagen wir mal 1 mal pro Woche, so dass die Oberfläche einmal komplett benetzt wurde.

Eine Methode, die also in den meisten Fällen funktioniert: hinlegen und vergessen. So besteht nicht die Gefahr, dass ihr zu viel wässert – das ist hier eher nachteilig!
Versucht am besten für euch selbst eine Methode zu finden, die in euren 4 Wänden gut funktioniert. Und natürlich: nicht in die pralle Sonne! Die kleinen Pflänzchen sind sehr anfällig und bekommen ziemlich schnell Sonnenbrand.

Selektion der Jungpflanzen

Nach einigen Wochen solltet ihr dann die ersten Resultate sehen können. In der Regel gibt es dann 3 Arten, wie eure Blattstecklinge sich entwickeln:

  • Idealfall: es wächst relativ schnell ein kleines Pflänzchen
  • Geht so: es wachsen Wurzeln, aber keine Pflanze
  • Doof: es passiert nichts, Blätter vertrocknen
Erfolg: Die alten Blätter sind bereits vertrocknet und es hat sich eine junge Pflanze samt Wurzeln gebildet

Je nach Art gibt es da große Schwankungen. Bei Echeverien funktioniert es wie gesagt eigentlich immer sehr gut. Aber klar, man hat niemals eine 100%ige Erfolgsrate. Manchmal auch nur 30-50%, kommt immer ganz drauf an, auch wie gesund eure Blattstecklinge waren.

Wenn die Blätter beginnen zu vertrocknen und noch weder Wurzeln noch eine neue Pflanze zu sehen ist, so könnt ihr diese sofort aussortieren, da wird nichts mehr passieren.

Der große Augenblick – bereit für ihren eigenen Topf

Im letzten Schritt müsst ihr diejenigen Pflänzchen, die schon groß genug sind und im Idealfall auch genug Wurzeln gebildet haben, einpflanzen.

Leider ist das bei mir immer der Schritt, bei dem mir die meisten Pflanzen eingehen. Entweder sind die Wurzeln noch gar nicht ausgebildet, oder das Mutterblatt ist schon komplett vertrocknet. Da hat man also oft keine Wahl mehr, sondern muss einfach einpflanzen.

Verschiedene Jungpflanzen aus der Gattung Echeveria.
Ausgepflanzte Jungpflanzen
Schale mit verschiedenen Jungpflanzen.
Weitere Jungpflanzen

Zudem muss man sich entscheiden, ob man die neue Pflanze zusammen oder getrennt vom Mutterblatt einpflanzt. Einerseits liefert ein intaktes Blatt noch Energie und Nährstoffe, andererseits kann es auch faulen und eure neuen Pflanzen „verderben“. Es ist knifflig aber möglich das Blatt abzutrennen. Probiert euch da am besten selber aus.

Beispiel: Echeveria-Blattsteckling

Weiter oben habt ihr bereits erfolgreiche Blattstecklinge einer Echeveria gesehen – hier gab es glücklicherweise bereits Wurzeln. Bei so kleinen Pflanzen sind die Wurzeln aber sehr fragil und wenn man Pech hat gehen sie schon beim Einpflanzen kaputt. Also: Sehr behutsam vorgehen! Wie oben gesagt, nicht direkt in die pralle Sonne stellen und nur sehr vorsichtig wässern.

Eine sehr junge Echeveria-Pflanze.
Kleine Baby-Echeverias
Verschiedene Ablager und Stecklinge von Sukkulenten
Verschiedene Arten von Jungpflanzen

Wenn die jungen Pflanzen so kräftig sind, wie auf den oberen beiden Fotos, dann dürfen sie auch an die pralle Sonne. Man kann sogar schon eine leichte Marmorierung der Blätter erkennen… juhu!

Wie immer bei solchen Bildern: Ihr seht hier die Erfolge. Die restlichen 80-90% der Blattstecklinge waren nicht so erfolgreich. Das ist aber auch gar kein Problem… Blätter sind zum Glück ein nachwachsender Rohstoff :).