Taxonomie – warum „Sukkulenten“ kein Familienname ist

Wenn man über Sukkulenten spricht, so bekommen Außenstehende oftmals den Eindruck, dass es sich dabei um eine eigene Familie handelt. Der Begriff Sukkulenz beschreibt allerdings bloß eine Eigenschaft, die alle diese Pflanzen miteinander teilen.

Den Begriff sukkulent und dessen Herkunft habe ich in einem älteren Blog schon einmal beschrieben. Sukkulenz bedeutet ganz grob gesagt, dass die Pflanzen Wasser speichern können. Es gibt unterschiedliche Arten von Sukkulenz, so etwa Blatt-, Stamm- oder Wurzelsukkulenz.

Inhaltsverzeichnis

• Taxonomie – lateinische Namensgebung aller Lebewesen
• Sonderfälle: Hybride und Kreuzungen
• Familie der Dickblattgewächse – mit vielen prominenten Mitgliedern
• Weitere sukkulente Familien anhand von Beispielen
• Familie der Kakteen
• Deutsche Begriffe
• Agaven und Spargel? Überraschende Verwandtschaften

Taxonomie – lateinische Namensgebung aller Lebewesen

Die Taxonomie ist die Wissenschaft hinter den Namen und Familienverhältnissen verschiedener lebender Organismen (Tiere und Pflanzen). Der Name besteht dabei immer aus mindestens zwei Teilen, beispielsweise:

• Echeveria „painted frills“
• Crassula ovata
• Euphorbia ingens

Anhand des ersten Wortes könnt ihr sofort erkennen, um welche Gattung es sich handelt. Der zweite Teil des Wortes ist meist lateinischen Ursprungs. Dieser beschreibt z.B. die Eigenschaften der Pflanze, das Aussehen, den Herkunftsort oder den lateinisierten Namen des Entdeckers. Neuere Hybriden und Züchtungen tragen oft englische Namen, dann meist in Anführungszeichen.

Sonderfälle: Hybride und Kreuzungen

Hybride oder Kreuzungen kommen bei sukkulenten Pflanzen vor, wie auch in der Tierwelt. Dies kann auf natürlichem Wege geschehen, etwa wenn die Arten sich ein gemeinsames Habitat teilen. Viele „neumodische“ Kreuzungen werden dagegen im Labor oder im Gewächshaus gezüchtet. Bei Gemüsepflanzen ist das heutzutage absolute Normalität und die ursprünglichen Ur-Arten findet man kaum noch. Es wird stetig gekreuzt und hybridisiert, um die Vorzüge zweier Arten zu kombinieren und Schwächen weg zu züchten.

Bei Sukkulenten erkennt man dies anhand des Doppelnamens, so z.B.:

• Euphorbia antafikiensis x didiereoides
• x Dudlyveria „white sprite“

Im oberen Fall ist es eine Kreuzung innerhalb der gleichen Gattung, also eine Kreuzung zwischen E. antafikiensis und E. didiereoides. Innerhalb einer Gattung sind meisten alle Pflanzen miteinander kompatibel.

Familie der Dickblattgewächse – mit vielen prominenten Mitgliedern

Nachfolgend ein kleiner Ausblick auf die Familienzugehörigkeiten einiger Gattungen. Beginnen wir mit der Familie der Dickblattgewächse (Crassulaceae), zu der etwa Echeverien gehören. Ich beginne bewusst erst ab dem Schritt Familie, da für uns die darüberliegenden Klassen und Ordnungen nicht relevant sind.

Familie	Unterfamilie	Tribus	Gattung	Art
Crassulacea	Sempervivoidae	Sedeae	Echeverien	Echeveria agavoides
			Graptopetalum	Graptopetalum petandrum
			Sedum	Sedum adolphii
		Semperviveae	Sempervivum	Sempervivum globiferum
		Aeonieae	Aeonium	Aeonium arboreum
	Kalanchoideae	–	Kalanchoe	Kalanchoe grandiflora
		–	Adromischus	Adromischus umbraticola
	Crassuloideae	–	Crassula	Crassula ovata

Ich habe mich damals total in diesen Taxonomien verloren und finde es auch heute noch extrem spannend zu verstehen, wie die Gattungen miteinander verwandt sind. Die meisten Pflanzen aus der o.g. Familie sind quasi die Klassiker unter den „Baumarkt“-Sukkulenten, wie etwa Crassula oder Kalanchoe. Aber dass sie genetisch eng verwandt sind, ist vermutlich vielen Menschen nicht bewusst.

Bei manchen Gattungen ist die Verwandschaft recht offensichtlich, wie hier bei einer Crassula und einem Aeonium. Trotzdem sind viele Arten, besonders bei Crassula, sehr divers und haben teils ungewöhnliche Wuchsformen. Im unteren Beispiel hingegen ist die Verwandtschaft schwieriger zu erkennen, obwohl auch sie recht nah miteinander verwandt sind.

Beim Tribus sehen wir, dass hier eng verwandte Gattungen wie etwa Sedum, Echeverien und Co. zusammengefasst sind. Die Unterfamilien sind eigentlich selten der Erwähnung wert, zumindest bei dieser Familie. Im Alltagsgebrauch genügt auch die konkrete Art einer Sukkulente – damit lässt sich eine Pflanze genau einordnen und recherchieren. Wäre es nicht wünschenswert, wenn alle Gartencenter das bereits für uns täten? Man kann fast froh sein, wenn sie zumindest die Gattung richtig haben und nicht nur „Sukkulenten-Mix“ auf dem Etikett steht.

Weitere sukkulente Familien anhand von Beispielen

Die Liste an sukkulenten Familien ist lang und in Gänze kann ich sie euch leider nicht hier darstellen. Die deutsche Wikipedia hat dazu aber sehr viele Informationen parat – an dieser Stelle vielen Dank an die Autoren der Beiträge! Wo möglich ist auf dem Begriff der entsprechende Artikel auf Wikipedia verlinkt, also einfach Ausschau halten.

Folgend eine Liste von gängigen Sukkulenten und deren Taxonomie, unter denen ihr sicherlich ein paar Namen wiedererkennen werdet:

Familie	Unterfamilie	Tribus	Gattung	Art
Asparagaceae	Agavoideae	–	Agaven	Agave attenuata
		–	Yucca	Yucca constricta
	Scilloideae	Ornithogaleae	Albuca	Albuca bakeri
Aizoaceae	Ruschioideae	–	Lithops	Lithops coleorum
Apocynaceae	Apocynoideae	Nerieae	Adenium	Adenium obesum
			*Oleander	Nerium oleander
		Ceropegieae	Stapelien	Stapelia grandiflora
		Malouetieae	Pachypodium	Pachypodium lamerei
Araceae	Zamioculcadoideae	Zamioculcas	Zamioculcas	Zamioculcas zamiifolia
Xanthorrhoeaceae	Asphodeloideae	–	Aloen	Aloe vera
			Haworthia	Haworthia fasciata
Euphorbiaceae	Euphorbioideae	Euphorbieae	Euphorbia	Euphorbia trigona
		Jatropheae	Jatropha	Jatropha podagrica

Hier sind einige (bei weitem nicht alle!) Familien aufgeführt, die sukkulente Pflanzen beinhalten. Beinhalten ist hier wichtig zu erwähnen, denn nicht die gesamte Familie muss sukkulent sein. Die meisten Familien haben auch Gattungen, die nicht sukkulent sind. Wie zu Anfang erwähnt ist Sukkulenz eine Eigenschaft, die Pflanzen sich aufgrund ihres natürlichen Habitats im Laufe der Evolution aneignen.

Spannend ist zum Beispiel, dass Wüstenrosen (Adenium) und Oleander sehr eng verwandt sind, obwohl sie ganz andere Anforderungen haben. Oleander sind viel bekannter und werden oft im Garten oder auf dem Balkon gehalten, sind teilweise sogar frosthart. Sie brauchen viel mehr Wasser als es die Wüstenrosen tun.

Für viele der genannten Familiennamen gibt es auch deutsche Entsprechungen, wie etwa:

• Spargelgewächse (Asparagaceae)
• Wolfsmilchgewächse (Euphorbiaceae)
• Mittagsblumengewächse (Aizoaceae)

Aus Platzspargründen habe ich sie nicht zusätzlich aufgeführt. Auf das Thema der deutschen Bezeichnungen komme ich später noch zurück.

Familie der Kakteen

Ich persönlich bin absolut kein Experte, wenn es um Kakteen geht. Ein paar wenige Exemplare habe ich in meiner Sammlung, aber am Ende faszinieren mich die „anderen Sukkulenten“ doch immer mehr. Ich versuche euch trotzdem einen kurzen Einblick in diese Familie zu geben, die extrem umfangreich ist. Hier wird viel stärker durch die Zuordnung des Tribus differenziert, als es bei anderen Gattungen nötig ist.

Familie	Unterfamilie	Tribus	Gattung	Art
Cactaceae	Cactoideae	Rhipsalideae	Schlumbergera	Schlumbergera opuntioides
		Browningieae	Browningia	Browningia columnaris
		Cacteae	Ferocactus	Ferocactus latispinus
		Cereeae	Cereus	Cereus validus
		Notocacteae	Austrocactus	Austrocactus spiniflorus
		Trichocereeae	Echinopsis	Echinopsis baldiana
	Opuntioideae	Opuntieae	Opuntien	Opuntia ficus-indica
		Austrocylindropuntieae	Austrocylindropuntia	Austrocylindropuntia subulata

Bei Kakteengewächsen befinden sich fast alle Gattungen in der Unterfamilie Cactoideae. Daneben ist noch die Unterfamilie der Opuntien erwähnenswert, die auch als Zimmerpflanzen sehr beliebt sind. Kakteen darf man, im Gegensatz zu Sukkulenten, also als eine große Familie verstehen, die alle mehr oder weniger eng miteinander verwandt sind.

Deutsche Begriffe

Für viele Arten und Familien haben sich im Laufe der Zeit deutsche Synonyme etabliert, sie sind den meisten Deutschen eher bekannt als die lateinischen Namen aus der Taxonomie.

Hier ein paar Beispiele für deutsche Gattungsnamen:

• Sedum = Fette Henne/ Fetthenne/ Fettpflanze
• Sempervivum = Hauswurz/ Dachwurz
• Euphorbia = Wolfsmilch
• Adenium = Wüstenrose
• Lithops = Lebende Steine
• Stapelia (u.a.) = Aasblumen
• Sansevieria = Bogenhanf/ Schwiegermutter-Zunge
• Schlumbergera = Weihnachtskaktus

Es gibt sogar für manche Unterarten einen eigenen deutschen Namen, der umgangssprachlich manchmal auch für die gesamte Gattung genutzt wird. Darunter etwa:

• Euphorbia leuconeura = Spuckpalme
• Euphorbia milii = Christusdorn
• Euphorbia pulcherrima = Weihnachtsstern
• Pachypodium lamerei = Madagaskarpalme
• Echinocactus grusonii = Schwiegermuttersitz
• Crassula ovata = Geldbaum
• Selenicereus grandiflorus = Königin der Nacht

Wie solche Namen konkret zustande kommen, ist auch mir ein Rätsel. Vermutlich klingen die lateinischen Namen in vielen Fällen zu abstrakt, weswegen sich eine umgangssprachliche „Kose-Bezeichnung“ entwickelt.

Agaven und Spargel? Überraschende Verwandtschaften

Zum Abschluss dieses trockenen Themas habe ich ein paar Funfacts parat, die euch überraschen könnten. Wusstet ihr zum Beispiel, dass…

Peperomien mit dem gewöhnlichen Pfeffer verwandt sind? Der Name verrät es schon fast, aber naheliegend ist es vermutlich nicht.

Ebenfalls spannend: Aloen und Spargel gehören der gleichen Familie an, sind also entfernt miteinander verwandt.